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Hermann von Beckerath


geb. 13.12.1801 in Krefeld, gest. 12.05.1870 in Krefeld, war ein Bankier, Abgeordneter der deutschen Nationalversammlung und später Reichsfinanzminister


Vater: Peter von Beckerath (15.12.1774 – 6.11.1856)
Mutter: Elisabeth von Beckerath geb. Becker (21.1.1779 – 3.3.1853)

 

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Hermann von Beckerath, 1801 in Krefeld geboren, wuchs in materiell bescheidenen, aber behüteten Lebensumständen auf. Er wurde mit 14 Jahren Lehrling eines Krefelder Privatbankhauses und machte dort aufgrund außergewöhnlicher Begabung, die von dem Prediger der Mennonitengemeinde und einem Pfarrer der reformierten Kirche wertvoll gefördert wurde, eine erstaunliche Karriere. Sie gipfelte zunächst darin, dass er mit 31 Jahren zum Teilhaber des Bankhauses avancierte. Im Jahre 1838 gründete er eine eigene Bank unter der Firma „von Beckerath – Heilmann“, die bis zu seinem Lebensende erfolgreich tätig war.

 

Er hatte musische und literarische Interessen und beschäftigte sich mit philosophischen, theologischen, geschichtlichen und nationalökonomischen Fragen. Er wurde zu einem angesehenen und wohlhabenden Bürger der Stadt, wurde zum Kommerzienrat ernannt und war Präsident der Handelskammer Krefeld und des Deutschen Handelstages. Er war verheiratet und hatte zwei Töchter.

 

Vor und während des Aufbaus des eigenen Bankhauses nahm von Beckerath eine politische Tätigkeit auf, die sich zunächst auf kommunale Funktionen konzentrierte, sich dann aber auf das Land ausdehnte. Krefeld gehörte seit 1702 zu Preußen. 1843 wurde von Beckerath als liberaler Politiker Mitglied des Siebten Rheinischen Provinziallandtags in Preußen. Er gehörte sogleich zu den aktivsten Abgeordneten und setzte sich mit glänzender Rednergabe für die Einführung demokratischer Strukturen und von Grundrechten ein. Unter anderem trat er durch seine Forderung nach Gleichstellung der jüdischen Mitbürger hervor. 1847 wurde er Mitglied des inzwischen entstandenen „Vereinigten Landtags“ für ganz Preußen, und ab 1849 bis 1858 war er Mitglied des „Preußischen Landtags“.

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Den Höhepunkt seines politischen Lebens erreichte er, als im Jahre 1848 im Anschluss an die revolutionären Ereignisse des März in der Frankfurter Paulskirche ein Parlament zusammentrat, welches aus 585 Abgeordneten aller deutschen Länder einschließlich Österreichs bestand und die Grundlage für ein freies und vereintes Deutschland schaffen sollte. Hermann von Beckerath war in Krefeld als liberaler Politiker bekannt und populär genug, um, getragen auch vom Vertrauen anderer politischer Kräfte, zum Abgeordneten dieser Nationalversammlung für die Stadt Krefeld gewählt zu werden. Wie andere Vertreter des rheinischen Liberalismus setzte er sich für eine konstitutionelle Monarchie mit Bindung des Monarchen an die Grund- und Freiheitsrechte des Volkes ein. Im Mittelpunkt standen der Gleichheitsgrundsatz, die Meinungsfreiheit, die Pressefreiheit, die Glaubensfreiheit, das allgemeine Wahlrecht. Er strebte die Schaffung eines deutschen Bundesstaates mit dem preußischen König als deutschem Erbkaiser an.

 

Seine herausragende Formulierungskunst und Rednergabe machten ihn zu einem prominenten Mitglied des Parlaments. Im August 1848 kam es zur Bildung eines „provisorischen Reichskabinetts“ mit  Fürst Karl von Leiningen als Ministerpräsident. Hermann von Beckerath wurde in dieses Kabinett berufen und  übernahm das Amt des „Reichsministers der Finanzen“. Nachdem das Frankfurter Parlament im März 1849 eine erbkaiserliche Verfassung beschlossen und König Friedrich Wilhelm IV von Preußen zum „Kaiser der Deutschen“ gewählt hatte, bot eine Abordnung des Parlaments dem König in Berlin die deutsche Kaiserkrone an. Von Beckerath, dessen Rat der König häufig gesucht hatte, versuchte in Briefen und eindringlichen Gesprächen, zu denen er nach Berlin reiste, den König für die Annahme zu gewinnen. Vergebens. Der König lehnte die Kaiserkrone und die beschlossene Verfassung ab. Im Mai trat das provisorische Reichskabinett zurück. Hermann von Beckeraths politisches Lebensziel, die Einigung Deutschlands zu einem Bundesstaat auf der Grundlage einer konstitutionellen Monarchie mit einer die Grund- und Freiheitsrechte des Volkes wahrenden Verfassung, war gescheitert.

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Ab 1863 zog sich von Beckerath nach und nach aus der politischen Tätigkeit zurück und widmete sich vor allem literarischen und philosophischen Studien. Im Mai 1870 starb er. In der Familie wird das Andenken an diesen hervorragenden Mann hochgehalten.

 

Text aus einem Vortrag von Dr. Karl-Erich Korte, Mülheim/Ruhr, gehalten anlässlich des 10. von Beckerath'schen Familientages am 17. Mai 2008 in Krefeld.
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Biographie über Hermann von Beckerath – Feierstunde am 18. April 2010 in Krefeld, Mennonitenkirche

 

»Solange die Juden nicht frei sind, sind wir selbst nicht frei.« So steht es, weiß vor rotem Hintergrund, auf der Bauchbinde einer politischen Biographie, die Mitte April 2010 erscheint.

 

Hermann von Beckerath (1801–1870) war einer der bedeutendsten liberalen Politiker des Vormärz im Rheinland. In mehreren Rheinischen Provinziallandtagen, in dem ersten Vereinigten Landtag Preußens und im Paulskirchenparlament 1848 vertrat der mennonitische Krefelder Bankier die Auffassungen des liberalen rheinischen Bürgertums, die auf eine politische und wirtschaftliche Modernisierung zielten. Hervorgetreten ist er daneben insbesondere durch sein entschiedenes Eintreten für die volle bürgerliche Gleichberechtigung religiöser Minderheiten, vor allem der Juden.

 

Diese politische Biographie zeichnet das Leben Hermann von Beckeraths bis zum Jahr 1848 nach und beschreibt es im Kontext der politischen, sozialen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen seiner Zeit. Im Vergleich mit Politikern wie Gustav Mevissen, David Hansemann und Ludolf Camphausen tritt Beckeraths Profil besonderes hervor. Er war beides zugleich: ein rheinischer Liberaler und ein preußischer Patriot.

 

Die Bauchbinde zielt auf einen der wichtigsten Aspekte im politischen Wirken Hermann von Beckeraths: sein wiederholtes und engagiertes Eintreten für die volle bürgerliche Gleichberechtigung religiöser Minderheiten, besonders der Juden. Das Zitat ist einer Rede aus dem Jahr 1847 entnommen und stellt den Zusammenhang zwischen der Freiheit aller Bürger und der religiöser Minderheiten her.

 

Mit dem Motto „Toleranz und Integration in Krefeld“ greift die Bauchbinde das Thema einer Feierstunde am 18. April auf. In ihr wird nicht nur das Buch der Öffentlichkeit vorgestellt, es wird zugleich von Vertretern der jüdischen Gemeinde eine Reproduktion einer Dankesurkunde, welche die Juden im Rheinland Hermann von Beckerath schenkten, an Vertreter der heutigen Mennonitengemeinde überreicht. Und es wird darüber hinaus nach der Bedeutung von Toleranz und Integration für das Zusammenleben im Krefeld von heute gefragt.

 

Ulrich Hettinger, Hermann von Beckerath. Ein preußischer Patriot und rheinischer Liberaler, 370 S., geb., Krefeld 2010. Herausgegeben von der Mennonitengemeinde Krefeld in Verbindung mit dem Stadtarchiv Krefeld und unterstützt vom Landschaftsverband Rheinland, der Stadt Krefeld sowie dem Mennonitischen Geschichtsverein.
ISBN 978-3-9808-2358-6. Preis: 19,80 Euro
Der Verfasser ist Büroleiter im Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.
Kontakt und weitere Information: Christoph Wiebe, Königstraße 132, D-47798 Krefeld
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